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BNN 2017-02-01: Reise durch die Jazzgeschichte

Semesterkonzert der Big Band des KIT in Karlsruhe

Noten? Wer spielt schon nach Noten! Gerade die Jazz-Klassiker spielten die alten Meister bis weit in die 70er Jahre hinein ausschließlich nach Gehör und damit auswendig. Dann schaffte es der Jazz zunehmend auch in die Lehrpläne der Hochschulen und die schriftliche Vorlage gewann an Bedeutung. Gut für jeden Arrangeur und jede institutionalisierte Big Band, dass es Steve Swallow gab. Man geht davon aus, dass der amerikanische Jazzbassist gemeinsam mit Komilitonen am Berklee College in Boston die erste Version des "Realbooks", auch "Jazz-Bibel" genannt, zu Papier brachte. Das Realbook ist eine Sammlung der prominentesten Jazz-Standards, mindestens mit Melodie und Akkordsymbolen notiert. damit ist es das Basiswerk der heutigen Big-Band-Landscahft. Jede Combo, die mehr als Glenn Miller und Duke Ellington spielen will, greift auf das Realbook, beziehungsweise auf dessen Arrangements zurück - auch die Big Band des KIT. Beim Semesterkonzert im Gerthsen-Hörsaal hatte das Ensemble um Leiter Günter Hellstern einen bunten Strauß an moderenen Jazzinterpretationen im Gepäck. Den Auftakt machte aber kein Standard, sondern der weithin nur als Klingelton rezipierte "Funky Cha Cha" von Arturo Sandoval. Das alltägliche Reduzieren auf die Smartphoneversion verschleiert, dass hinter dem charakteristischen Thema ein impulsives Werk steckt. unter anderem überzeugten die Solisten Theo Peschke am Tenor-Saxofon und Frank Henrich an der E-Gitarre. nach diesem gelungenen Start ging es eingängig weiter. Beispielsweise mit Benny Golsons Ballade "Whisper Not". Weitere Bilder malte die Big Band mit ihrer kleinen Reise durch die Jazzgeschichte.Nach "Whisper Not" war "Nature Boy" der nächste Klassiker aus dem besagten Realbook. Weltweit zum Hit geworden war dieses Stück durch den Gesang von Nat King Cole. Hier versuchte sich der indonesische Sänger Rafiandi Giri an diesem Song und meisterte die Aufgabe mit Bravour. Mal sehr warm und theatralisch, mal spitz-pointiert sang er sich durch das Stück, in der Hauptsache geschmeidig begleitet von Piano und Alt-Saxophon. Weitere Werke von Tower of Power, Matt Harris oder auch dem ehemaligen Dirigenten des Bundesjazzorchesters, Peter Herbolzheimer, folgten. Die zweite Sängerin des Abends war die halbbrasilianerin Marianne Martin. Sie setzte mit der protugiesischen Version von Burt bacharachs "The Look of Love" (Oyla d'amour) einen emotionalen Höhepunkt. Ensembleleiter Hellstern verlieh dem Stück mit seinem Akkordeonspiel Sehnsucht und dem Abend damit eine gesunde Portion Pathos. Die Big Band des KIT lieferte ein qualitativ hochwertiges Programm mit spannender Auswahl ab.

(BNN: Torben Halama)

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